


Die LIV Golf League gibt eines ihrer Gründungsmerkmale auf. Ab der Saison 2026 werden die umstrittenen Turniere nicht mehr über die charakteristischen 54 Löcher ausgetragen, sondern über die weltweit gängigen 72 Löcher. Entsprechend werden die Events von drei auf vier Turniertage verlängert. Dieser deutliche Kurswechsel ist ein strategischer Schachzug im fortwährenden Bemühen der Liga, die Anerkennung durch das Official World Golf Ranking (OWGR) zu erlangen.
Die Neuerung markiert das Ende des „schnelleren“ Golfs, welches LIV seit seinem Debüt als Alleinstellungsmerkmal propagierte. Die Liga rückt damit nun näher an das Standardformat der etablierten Touren heran:
Ironischerweise leitet sich der Name LIV vom römischen Zahlzeichen für 54 ab – ein Umstand, der nun durch die eigene Formatänderung obsolet wird.
Die Erweiterung auf 72 Löcher ist direkt auf das Ziel ausgerichtet, Offizielle Weltranglistenpunkte (OWGR) für die Tour zu erhalten. Ohne diese Punkte sehen sich die Top-Spieler der LIV League mit erheblichen Schwierigkeiten bei der Qualifikation für die Major Championships konfrontiert. Stars wie Jon Rahm und Dustin Johnson sind in der Weltrangliste stark abgerutscht, was ihren Zugang zu den wichtigsten Turnieren des Jahres massiv erschwert.
Die OWGR hatte die anfängliche Bewerbung der Liga im Oktober 2023 unter anderem wegen des verkürzten 54-Loch-Formats sowie fehlender Cuts und einer geringen Feldgröße abgelehnt. Mit der Anpassung unternimmt LIV Golf nun einen entscheidenden Schritt, um die formalen Anforderungen des Golf-Weltrankings zu erfüllen. Hinzu kommt, dass einige Profis angaben, das kürzere Format habe sie nicht optimal auf die traditionellen viertägigen Major-Wettbewerbe vorbereitet. Die Umstellung stellt somit auch eine Reaktion auf den Wunsch der Spieler nach einer wettbewerbsfähigeren Vorbereitung dar.
Sowohl die Führungsebene als auch die Athleten der LIV Tour äußern sich positiv zu dem Wandel, auch wenn dieser eine Abkehr vom ursprünglichen radikalen Konzept bedeutet.
Scott O’Neil, CEO der LIV Golf League, sieht in der Änderung ein Zeichen von Dynamik und Anpassungsfähigkeit: „Da wir in unsere vierte Saison als Liga eintreten, markiert der Schritt zu 72 Löchern ein entscheidendes neues Kapitel für LIV Golf, das unsere Liga stärkt und unser Elite-Teilnehmerfeld herausfordert. Die erfolgreichsten Ligen der Welt entwickeln ihr Produkt ständig weiter, und als aufstrebende Liga sind wir nicht anders. LIV Golf wird immer auf Fortschritt achten, der im besten Interesse von LIV Golf und im besten Interesse des Sports handelt.“
Die Spieler begrüßen die Möglichkeit, sich auf höchstem Niveau zu messen. Jon Rahm (Captain Legion XIII), Sieger der Einzelwertung der vergangenen Saison, bewertet die Entscheidung als vollen Erfolg: „Das ist ein Gewinn für die Liga und die Spieler. Wir sind durch und durch Wettkämpfer und wollen jede Gelegenheit haben, auf höchstem Niveau anzutreten. Die Umstellung auf 72 Löcher ist der logische nächste Schritt, der den Wettbewerb stärkt und uns umfassender testet.“
Bryson DeChambeau (Captain Crushers GC) fokussiert auf die Major-Zukunft: „Jeder möchte die besten Spieler der Welt gegeneinander antreten sehen, besonders bei den Majors, und zum Wohle des Spiels brauchen wir einen Weg nach vorn. Mit der Umstellung auf 72 Löcher unternimmt LIV Golf einen proaktiven Schritt, um sich an dem historisch global anerkannten Format auszurichten.“
Dustin Johnson schätzt die Rückkehr zu bekannten Abläufen: „72 Löcher zu spielen fühlt sich einfach ein bisschen mehr wie die großen Turniere an, mit denen wir alle aufgewachsen sind. Ich mochte schon immer die Mühe von vier Runden.“
Die Formatänderung ist ein bedeutendes Zugeständnis: LIV Golf verzichtet auf ein zentrales Verkaufsargument, um das übergeordnete Ziel der Legitimität und des Major-Zugangs zu erreichen. Die Frage ist nun, ob dieser Schritt ausreicht.
Die OWGR muss nun entscheiden, ob die Modifikation – zusammen mit möglicherweise weiteren Anpassungen wie der Öffnung der Teilnehmerfelder – die Tour für Weltranglistenpunkte qualifiziert. Diese Entscheidung wird nicht nur die Karrieren der LIV-Profis beeinflussen, sondern auch maßgeblich die Richtung der festgefahrenen Verhandlungen zwischen LIV Golf und der PGA Tour bestimmen. Für die Fans bedeutet der Wandel ab 2026 in jedem Fall mehr Golf auf Top-Niveau.
05 Nov 2025
Jon Rahm freut sich über die Formatänderungen bei LIV Golf. Zukünftig werden pro Turnier 72 statt 54 Löcher absolviert. (Foto: Imago / Imagn Images)