


Die meisten kennen ihn als Golfprofi der DP World Tour, doch Nicolai von Dellingshausen hätte beinahe eine völlig andere Karriere eingeschlagen. In einem Interview der besonderen Art stellte sich der Düsseldorfer nun im Flugsimulator einem Airbus A320 – ein Déjà-vu, das mehr als zehn Jahre zurücklag.
Als Jugendlicher war die Fliegerei seine große Leidenschaft. Er bestand sogar die anspruchsvollen Aufnahmeprüfungen (Berufsgrunduntersuchung und Firmenqualifikation) der Lufthansa. Doch das Schicksal und die Wartezeit auf den Ausbildungsbeginn führten ihn zurück auf den Golfplatz. Heute dient ihm das Cockpit-Wissen als ungewöhnliche, aber effektive mentale Stütze auf dem Course.
Seine Affinität zur Fliegerei war so ausgeprägt, dass er im Simulator sofort ein beeindruckendes Talent zeigte. Die bestandenen Aufnahmeprüfungen gehörten zu den glücklichsten Momenten in seinem Leben.
Doch nach seinem Studium der VWL und der langen Wartezeit auf den Lehrgangsstart nutzte von Dellingshausen die Zeit, um weiter Golf zu spielen. Er verbesserte sein Können radikal, wurde zweimal Deutscher Meister und musste sich 2016 entscheiden. Sein damaliger Trainer Roland erkannte das Potenzial sofort, als von Dellingshausen ihm seinen Wunsch mitteilte: "Bo, na, endlich, endlich hast geschnallt." Die Pilotenkarriere war damit endgültig passé.
Obwohl er heute kein Verkehrsflugzeug mehr steuert, ist die Fliegerei ein zentraler Pfeiler seines mentalen Gerüsts. Nicolai von Dellingshausen arbeitet mit seiner Mentaltrainerin Silke häufig mit dem Bild des Cockpits.
Das Prinzip ist klar: Der Pilot im Cockpit trifft keine hastigen oder emotionalen Entscheidungen, sondern löst Probleme rational und strukturiert – eine Fähigkeit, die gerade unter dem Stress eines wichtigen Turnierschlags essenziell ist. Die Fliegerei lehrt das bewusste Auf- und Abtauchen aus der Konzentration, was auch für Profisportler im langen Spiel auf dem Platz von unschätzbarem Wert ist.
Seine Golfkarriere erlebte in den Jahren 2023 und 2024 eine schwere Phase, die er selbst als "wirklich heftig" beschrieb, dachte aber nie daran aufzuhören. Er fand seine "Schwung DNA" wieder, fokussierte sich auf die Challenge Tour und holte sich dort, in weniger als einer halben Saison, die volle Spielberechtigung für die DP World Tour 2025 zurück.
Heute möchte sich von Dellingshausen bewusst von reinen Ergebniszielen lösen. Er fokussiert sich stattdessen auf seine kontinuierliche Entwicklung und blickt optimistisch in die Zukunft. Und daran tat er gut! Nur wenige Monate nach der Aufzeichnung des Interviews gewann von Dellingshausen bei der Austrian Alpine Open seinen ersten Titel auf der DP World Tour.
Zum Abschluss des Interviews gab der 34-Jährige eine nüchterne Einschätzung zur globalen Golf-Landschaft. Er sieht die DP World Tour in einer "schwierigen Phase" (Verlust von Top-Spielern an die PGA Tour) und beklagt die unfaire Verteilung der Weltranglistenpunkte.
Dennoch profitiert die Tour von einem massiven Preisgeldanstieg. Nicolai von Dellingshausen ist zwar kein großer Fan der LIV Tour, sieht aber ihren positiven Einfluss: "Ich glaube aber, dass es prinzipiell für den Golfsport, den Profigolfsport gut ist, dass da alte Strukturen mal ein bisschen aufgebrochen werden." Seine Feuertaufe im Simulator hat er mit Bravour bestanden, was der Ausbilder mit der feierlichen Verleihung einer symbolischen Kapitänsbinde würdigte.
07 Dec 2025
Bevor sich Nicolai von Dellingshausen endgültig für eine Profikarriere im Golf entschied, war er auf dem Weg, Pilot zu werden. (Foto: Imago / Andre Engelmann)