Mit einer historischen Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris hat Esther Henseleit nicht nur ein neues Kapitel im deutschen Golfsport aufgeschlagen, sondern sich endgültig als Top-Spielerin etabliert. Doch wer ist die Frau hinter dem sensationellen Erfolg, die mit ihrer ruhigen Art und eisernem Ehrgeiz die Golfwelt erobert?
Der absolute Höhepunkt in Esther Henseleits bisheriger Karriere ereignete sich bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris. Dort spielte sie sich mit einer beeindruckenden Leistung zur Silbermedaille im Einzel der Frauen. Dieser Erfolg war nicht nur für sie persönlich ein Meilenstein, sondern auch eine Premiere für den deutschen Golfsport: Es war die erste olympische Golfmedaille überhaupt für Deutschland.
Was ihren Triumph noch bemerkenswerter macht, ist der Verlauf des Turniers. Nach dem dritten Tag lag Henseleit noch auf dem geteilten zwölften Rang. Doch mit einer sensationellen 66er-Schlussrunde katapultierte sie sich am Finaltag noch auf den zweiten Platz vor. Ihre mentale Stärke bewies sie auch im Umgang mit den Anzeigetafeln. "Ich habe es auf der großen Anzeigetafel gesehen. Viele Profis sagen ja, sie gucken da lieber nicht drauf, um sich nicht unter Druck zu setzen. Aber ich bin da viel zu neugierig. Und mich hat das angespornt", verriet sie dem NDR nach ihrem Erfolg. Diese Gelassenheit und der Spaß am direkten Wettkampf sind typisch für Henseleit.
Die Olympische Medaille hat ihre Position in der Golfwelt nactürlich positiv beeinflusst. Dank starker Monate im Anschluss an den Sensationserfolg, lag ihre Platzierung im Rolex Women's World Golf Rankings Ende Mai bei Platz 19, ihre bisher beste Notierung.
Esther Henseleits Faszination für den Golfsport begann früh. Im Alter von acht Jahren wurde sie von ihrer Mutter auf die Driving Range mitgenommen. "Mir hatte es auf Anhieb gut gefallen und ich war auch von Beginn an richtig gut darin", erzählte sie Golf Time. Was sie besonders am Golf reizt, ist der Kampf gegen sich selbst: "Mich hat immer daran fasziniert, dass man gegen sich selbst spielt. Es kommt nicht so sehr darauf an, wer dein Gegner oder Mitspieler ist. Du hast immer die Challenge gegen dich selbst."
Ihre Amateurkarriere war von beeindruckender Dominanz geprägt. Im Januar 2019 beendete sie diese mit einem Handicap von +7,1 und gehörte zu den Top 10 der weltweiten Amateurrangliste. Der Übergang ins Profilager verlief nahtlos. Bereits in ihrem Rookie-Jahr 2019 auf der Ladies European Tour (LET) feierte sie mit dem Gewinn der Magical Kenya Ladies Open und der Order of Merit (Geldrangliste) einen sensationellen Durchbruch. Die Anerkennung folgte prompt: 2019 wurde sie zur Sportlerin des Jahres in Hamburg gekürt.
Seit 2020 ist Henseleit fester Bestandteil der renommierten LPGA Tour, der Königsklasse des Damengolfs. Ihre Beständigkeit zeigt sich auch in der laufenden Saison 2025, in der sie bereits zwei Top-3-Platzierungen auf der LPGA Tour verbuchen konnte. Ihr Ehrgeiz ist ungebrochen: "Ich möchte im kommenden Jahr mein erstes Turnier auf der amerikanischen Tour gewinnen", erklärte sie im Rahmen eines Pressetermins zur Promotion des Ladies German Masters 2025 vergangenen Winter.
Neben ihren individuellen Erfolgen ist Henseleit auch eine geschätzte Teamplayerin. Ihre Teilnahme am Solheim Cup 2024 war ein weiterer Höhepunkt. "Da ist auch ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen. Dass ich da den allerersten Abschlag der Veranstaltung machen durfte, war eine große Ehre. Und wir haben den Amerikanerinnen am letzten Tag ganz schön Druck gemacht. Schade, dass wir es nicht ganz geschafft haben", erinnerte sie sich gegenüber dem NDR.
Esther Henseleit wird oft als ruhig, positiv und ehrgeizig beschrieben. Ihre Einstellung zum Golf ist neben Neugier von einem tiefen Wunsch nach Perfektion geprägt. "Ich bin eine Perfektionistin. Mir macht es sehr viel Spaß, an mir selbst zu arbeiten. Und beim Golf gibt es immer etwas zu verbessern", so Henseleit gegenüber Golf Time. Diese Eigenschaft, gepaart mit ihrer Fähigkeit, auch unter Druck gelassen zu bleiben, hat sie an die Weltspitze geführt.
Ein wichtiger Rückhalt für ihre sportlichen Erfolge ist auch ihr privates Glück. Im Februar 2024 verlobte sie sich mit ihrem Freund Reece Phillips, der seit vier Jahren ihr Schwungtrainer und seit drei Jahren auch ihr Caddie ist. Diese enge Verbindung, sowohl auf als auch abseits des Golfplatzes, schafft eine harmonische Basis, die ihren Erfolg maßgeblich mitbestimmt.
Mit der olympischen Silbermedaille hat Esther Henseleit nicht nur einen persönlichen Meilenstein gesetzt, sondern auch dem Golfsport in Deutschland einen enormen Schub verliehen. Ihre Ruhe, ihr Ehrgeiz und ihre beeindruckende Entwicklung machen sie zu einem Vorbild für junge Golferinnen und Golfer. Die Golfwelt darf gespannt sein, welche weiteren Erfolge die Hamburgerin in den kommenden Jahren feiern wird. Ihr Ziel, ein LPGA-Turnier zu gewinnen, scheint nur eine Frage der Zeit.
Esther Henseleit mit der Silbermedaille der Olympischen Spiele von Paris. (Foto: Imago)